Falschgeld erkennen

Interview zum Thema „Falschgeld“ mit Hauptkommissar Witt vom LKA

Möglicher Tatort: ein Flohmarkt, der Treffpunkt einer eBay-Transaktionsabwicklung, der Supermarkt um die Ecke oder überall dort, wo Bargeld im Spiel ist. Fälscherbanden werden immer gerissener und wir als Otto-Normalverbraucher sind dem hilflos ausgeliefert – so denkt man zumindest.

Echter Euroschein & geflschter EuroscheinIst der Schein, den Sie in der Hand halten, ein echter Geldschein, oder handelt es sich um eine raffiniert gemachte Blüte? DM-Euro-Rechner.de hat für Sie recherchiert, wie Sie Falschgeld enttarnen und mögliche Gefahren minimieren können.

Wer könnte besser wissen, was es mit dem Falschgeldhandel in Hamburg auf sich hat, als die Polizei und die Deutsche Bundesbank? Unsere Redakteurin Samira Aikas hat mit Hauptkommissar und Sachgebietsleiter Thorsten Witt, vom Sachgebiet Falschgeld und Skimming-Delikte, des Landeskriminalamts (LKA) Hamburg gesprochen.

Thorsten Witt und sein zehnköpfiges Team sind den Tätern zwar auf der Spur und konnten in der Hansestadt im ersten Halbjahr 2016 bereits mehr als 1600 gefälschte Geldscheine sicherstellen, doch die Fälscher sind gewieft.

Die Medien warnen vor einer Flut von falschen 10- und 20-Euro-Scheinen in Hamburg. Wie viel falsche 10- und 20-Euro-Banknoten befinden sich in Hamburg derzeit geschätzt im Umlauf?

Falschgeldsymbol EurobanknotenWie viel im Umlauf ist, kann niemand seriös beantworten. Es gibt eine Dunkelziffer, aber ich kann Ihnen sagen, wie viele 10- und 20-Euro-Scheine wir innerhalb des Zahlungsverkehrs im Raum Hamburg sichergestellt haben. Bis zum Stand 6. Juni 2016 haben wir von den 10-Euro-Noten 334 und von den 20-Euro-Noten 198 Stück festgehalten.

 

Diese Zahlen für der erste Halbjahr klingen jetzt noch nicht sehr dramatisch.

Das sind die beiden Nennwerte, die zusammen mit dem Fünfer keine große Bedeutung haben. Der 20-Euro-Schein ist seit dem letzten Jahr total rückläufig. Es wurde letztes Jahr ein neuer Zwanziger rausgegeben und seitdem sind die Zahlen von 20-Euro-Falsifikaten in Hamburg rückläufig.

 

Bedeutet das, dass die neuen 20-Euro-Scheine fälschungssicherer sind?

Was heißt sicherer. Fälschungssicher sind die Eurogeldscheine alle. Es ist immer davon abhängig, wie gut sich der Bürger mit den Sicherheitsmerkmalen auf den Geldscheinen auskennt. Das heißt, zu wissen wo genau sie sich befinden, und wie sie funktionieren. Dann erkennt man auch von Fälschern nachgemachte Sicherheitsmerkmale.

Und wie viel Falschgeld konnten Sie insgesamt bis jetzt (7. Juni 2016) sicherstellen?

Insgesamt haben wir gut 1600 falsche Geldscheine in Hamburg aus dem Verkehr gezogen.

 

Welche Banknoten werden am häufigsten gedruckt oder kopiert?

Der 50-Euro-Schein. Und das in Hamburg seit Jahren. Von den ca. 1600 sichergestellten falschen Geldscheinen in diesem Jahr waren knapp 1000 Stücke 50-Euro-Scheine.

 

Auch da soll ja dieses Jahr mit einer neuen 50-Euro-Banknote Abhilfe geschaffen werden.

Ja, der neue 50-Euro-Schein soll dieses Jahr noch kommen, aber das genaue Erscheinungsdatum steht noch nicht fest.

 

Gibt es auch Münzgeldfälschungen?

Ja, die gibt es auch, sie sind aber schwerer zu erkennen als falsche Noten.

 

Woran erkenne ich Falschgeld? Wenn ich einkaufe und das Wechselgeld an der Kasse bekomme, stecke ich es ehrlich gesagt ungesehen in mein Portemonnaie.

Natürlich ist das eher der Normalfall. Aber: Ein schneller Blick ist leicht gemacht! Auf den neuen Geldscheinen, also den 5-, 10- und 20-Euro-Banknoten, befindet ist auf der Vorderseite links unten fett gedruckt die entsprechende Wertzahl des Geldscheins. Beim Kippen des Geldscheins bewegt sich darauf ein Lichtbalken auf und ab. Dabei verändert sich die Farbe von smaragdgrün zu tiefblau. Das ist schon mal ein sehr gutes Erkennungsmerkmal. Wenn der Balken nicht den Farbwechsel hat, handelt es sich um eine Kopie. Da funktioniert es natürlich nicht.

 

Und erkennen in der Praxis alle Privatpersonen auf diese Weise Blüten?

Ja. Und noch ein Tipp: Machen Sie die Nagelprobe! Die Wertzahl auf der Vorderseite ist schraffiert. Wenn man mit dem Fingernagel quer über dieses Feld kratzt, fühlt man deutlich ein Rillenprofil. Ebenso senkrecht an den Schein-Rändern. Die Geldscheine werden im sogenannten Stich-Tiefdruck-Verfahren hergestellt. Dieses Verfahren bewirkt erhabene Stellen auf den Geldscheinen, die man leicht erfühlen kann. Bei den genannten neuen Geldscheinen ist die Wertzahl selber erhaben gedruckt. Auf einfachen Kopierfälschungen gibt es keine erhabenen Stellen.

 

Banknoten auf dem Farbdrucker gedruckt – das klingt nicht sehr professionell.

DruckerNa ja, wir haben im Moment von dem neuen Zehner eine ganze Menge im Umlauf. Das ist ein Phänomen dieses Jahr. Letztes Jahr hatten wir deutlich weniger 10-Euro-Fälschungen. Warum es jetzt zu dieser Häufung kommt, kann ich nicht sagen. Eine Vermutung ist, dass Falschgeld vermehrt auch im Internet zum Kauf angeboten wird. Diese 10-Euro-Fälschungen sehen nicht schlecht aus und wenn die Überprüfung des Farbwechsels und die Nagelprobe ausbleiben, können sie schon als echt durchgehen. Die Farbgebung ist nicht schlecht und hinzukommt, dass die neuen Scheine noch nicht so lange im Umlauf sind und die Bürger noch nicht so genau wissen, wie die neuen Scheine aussehen.

Da kommt ja noch eine Menge Arbeit auf Sie und Ihr Team zu, wenn der neue 100er und 200er rauskommen.

Ja, kann sein. Denn bei dem 20er war das Fälschungsaufkommen stark angestiegen, bevor der neue Schein in den Umlauf kam. Da kann man spekulieren, dass da noch schnell Altbestände ausgegeben werden sollten. Seit der neue 20er im Umlauf ist, hat sich das Aufkommen an 20-Euro-Fälschungen aber sehr stark reduziert.

 

Wo läuft man am ehesten Gefahr, mit Falschgeld in Berührung zu kommen?

SicherheitsmerkmaleIm Supermarkt kommt es häufig zu Verausgabungen, da es dort schnell gehen muss. Das nutzen Kriminelle aus und „bezahlen“ billige Artikel mit großen Scheinen, um möglichst viel Wechselgeld zu bekommen. Dass Sie im Laden mal einen Falschen als Wechselgeld bekommen ist aber eher die Ausnahme. Generell gilt hier: Falschgeld wird häufig nicht direkt bei der Verausgabung erkannt, sondern erst im weiteren Geldverarbeitungsprozess, also wenn das Werttransportunternehmen kommt und das Geld abschöpft, zählt und durch eine Prüfmaschine laufen lässt.

Durch Falschgeld geschädigt werden Bürger, wenn sie beispielsweise als Verkäufer bei eBay-Kleinanzeigen auftreten oder auch auf Flohmärkten. Hier passiert es häufiger, dass versucht wird, sie mit Falschgeld zu betrügen. Wir von der Polizei warnen immer: Wenn Sie zum Beispiel ein Handy über eBay zum Verkauf anbieten, dann sollten Sie sich nicht auf Treffpunkte einlassen, die vom Käufer vorgeschlagen werden. Abends um 20 Uhr irgendwo am dunklen U-Bahnniedergang ist keine gute Idee. Sondern schon eher dort, wo es hell ist. Am besten in der Wohnung. Wenn es um Werte von 500 Euro und mehr geht, sollte man sich ruhig den Ausweis des Käufers zeigen lassen. Wenn dieser seriös ist, wird er damit kein Problem haben. Man sollte, wenn mit mehreren beispielsweise 50- oder 20-Euro-Scheinen bezahlt wird, auch mal auf die Nummern achten. Jeder Geldschein hat auf der Rückseite eine individuelle Notennummer. Wenn sie zwei Scheine dabei haben, die die gleiche Nummer haben, dann wissen sie schon, dass es sich um Falschgeld handelt.

Was ist, wenn ich bei eBay meinen Fernseher verkaufe, und einer der 50-Euro-Scheine, die ich bekommen habe, ist nicht echt. Mache ich mich durch den Besitz schon strafbar?

Nein, der Besitz von Falschgeld ist noch nicht strafbar. Sehr wohl aber das Verschaffen. Sie müssen ja irgendwie in den Besitz gekommen sein. Den Begriff des „Verschaffens“ hat der Gesetzgeber weit ausgelegt, so fallen darunter zum Beispiel das Finden von Falschgeld, das Unterschlagen und auch das Klauen von Falschgeld.

Blödheit, weil ich etwas verkauft und falsches Wechselgeld bekommen habe, gehört nicht dazu?

Geldscheine und MünzenDoch, auch der Erhalt von Wechselgeld, bei dem es sich um Falschgeld handelt, gehört zum Begriff des Verschaffens. Aber solange das Wechselgeld nicht als Falschgeld erkannt wird, hat man sich noch nicht strafbar gemacht. Man trägt aber den finanziellen Schaden. Der letzte Gewahrsamsinhaber ist derjenige, der auf dem Schaden sitzen bleibt. Sie sollten tunlichst zur Bank oder zur nächsten Polizeidienststelle gehen und das Falschgeld dort abgeben. Dort sollten Sie dann auch Angaben zur Herkunft des Falschgeldes machen (z.B. aus einem eBay-Verkauf), denn wenn Sie der Polizei Ermittlungsansätze liefern, die zur Identifizierung des Täters führen, haben auch Sie gute Chancen, ihren Schaden zivilrechtlich geltend zu machen.

Wenn Sie aber die Blüte erkennen und trotzdem ausgeben, machen sie sich strafbar.

Aber wie will die Polizei denn wissen, ob jemand das Geld nur einfach als Wechselgeld bekam und ohne zu erkennen, dass es Falschgeld ist, nun damit einkaufen will, oder ob jemand weiß, dass der Geldschein nicht echt ist?

Der Gesetzgeber unterscheidet da zwischen gutgläubig und bösgläubig. Es kommt stets zu einer Einzelfallprüfung.

Was steht eigentlich auf den Handel, Kauf und versuchtes Bezahlen mit Falschgeld?

Der Handel mit Falschgeld ist ein Verbrechen und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet. Es ist also bei weitem kein sogenanntes Kavaliersdelikt und stellt auch kein jugendtypisches Fehlverhalten dar.

Wenn man das Falschgeld im Internet bestellt auch?

Ja, das macht keinen Unterschied. Strafbar ist immer die Absicht sich Falschgeld zu besorgen, um es als echtes Geld in den Verkehr zu bringen. Aber aus welchem Grund sollte sich sonst jemand Falschgeld besorgen?

Wie viele Leute arbeiten eigentlich bei Ihnen im Dezernat, um Hamburgs Geldfälscher und die Verbreitung des Falschgeldes zu bekämpfen?

Wir sind ein Sachgebiet einer Dienststelle und sind 1:10 stark. Also ein Sachgebietsleiter und zehn Mitarbeiter. Zuständig sind wir in Hamburg für Falschgelddelikte, gefälschte Kreditkarten und Skimming.

Skimming klingt nach einem guten Thema für unseren nächsten Blogbeitrag. Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

Dankeschön.

CheckZusammengefasst lässt sich Folgendes festhalten:

  • 1600 Falschgeldscheine sind im ersten Halbjahr 2016 in Hamburg aus dem Verkehr gezogen worden

  • 1000 Scheine davon waren falsche 50-Euro-Scheine, 334 waren 10-Euro-Scheine und 198 20-Euro-Scheine. Der Rest teilt sich auf 5-Euro-Scheine, 100-Euro-Scheine, 200-Euro-Scheine und 500-Euro-Scheine auf

  • Die häufigsten Berührungspunkte mit Fälschern sind Flohmärkte und Privatverkäufe

  • Die Polizei rät, sich bei Barbeträgen den Ausweis zeigen zu lassen

  • Indem man den Schein befühlt, kann man die Rand- und Wertzeichen-Riffelung ertasten, die beim Kopieren von Falschgeld fehlt

  • Die neuen Scheine sind noch fälschungssicherer

  • Es gibt auch Münzgeldfälschungen

  • Der Besitz von Falschgeld ist nicht strafbar, das Verschaffen, Ausgeben und der Handel aber sehr wohl und zieht eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr nach sich

Mehr zum Thema Falschgeld hat das Bundeskriminalamt (BKA) auf seiner Website veröffentlicht.

Mehr zum Thema „Falschgeld“ und wie die Fälscher jetzt das Darknet/Deepnet des Internets als Börse nutzen u.v.m. gibt es im Artikel In den Tiefen des Darknets