Der Vertrag von Maastricht

Am 7. Februar 1992 wurde in der Hauptstadt der niederländischen Provinz Limburg, Maastricht, ein Vertrag geschlossen. Er enthielt die Kriterien im Rahmen der Einrichtung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) und war quasi die Geburtsstunde der Europäischen Union (EU). Es handelt sich bei den Kriterien, um jene die ein Mitgliedsstaat der EU erfüllen muss, um den Euro einzuführen und Mitglied der EWWU zu werden. Auch nach der Aufnahme und der Einführung des Euros als offizielle Währung müssen sich die Mitgliedsstaaten an die dort enthaltenen Konvergenzkriterien halten, um nicht mit Sanktionen oder einem Ausschluss rechnen zu müssen.

Der Maastrichtvertrag enthält 17 Protokolle und 33 Erklärungen. Darunter befinden sich u.  a. das Protokoll über die Satzung des europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sowie das Protokoll über die gemeinsame Sozialpolitik. Die Mitgliedstaaten öffneten ihre Märkte, richteten eine Freihandelszone ein und vollendeten den Prozess einer Gemeinschaftswährung. Jeder Mitgliedsstaat behält jedoch seine eigene Regierung und Befugnisse.

Der Werner-Plan und der Wechselkursmechanismus

Die EWWU wird als ein Vorläufer der politischen Union im Bereich der Wirtschaftsgemeinschaft gesehen und folgte dem Anstoß, den der damals noch gescheiterte Werner-Plan 1970 gab. Der Werner-Plan (nach Pierre Werner, luxemburgischer Premierminister und Leiter der Expertenkommission) sah vor, dass bis 1980 eine einheitliche Währung eingeführt werden sollte. Zu den wesentlichen damals vereinbarten Elementen des Europäischen Währungssystems (EWS), dem Vorläufer der EWWU, zählte der Europäische Wechselkursmechanismus (WKM). Wenn der Wechselkurs an die festgelegte Bandbreite stieß, waren die Zentralbanken eigentlich verpflichtet, durch An- oder Verkauf von Devisen unbegrenzt einzugreifen, um den Wechselkurs innerhalb der festgelegten Bandbreite zu halten.

Der Europäische Rat

Offiziell heißt der Europäische Rat „Vertrag über die Europäische Union” und bestand zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht aus 12 Mitgliedsstaaten. Diese waren:

  • Belgien
  • Dänemark
  • Deutschland
  • Frankreich
  • Griechenland
  • Irland
  • Italien
  • Luxemburg
  • Die Niederlande
  • Portugal
  • Spanien
  • Großbritannien

Alle anderen der mittlerweile 28 Mitgliedsländer kamen erst später hinzu. Derzeit (Stand Oktober 2016) gibt es noch fünf Kandidatenländer, die erst alle Kriterien des Vertrags von Maastricht erfüllen müssen, bevor sie beitreten können:

  • Albanien
  • Mazedonien
  • Montenegro
  • Serbien
  • Die Türkei

Bosnien Herzegowina und der Kosovo sind potenzielle Kandidaten.

Wechselkursstabilisierung im Wechselkursmechanismus II

Mit der Einführung des Euro Anfang 1999 wurde das EWS durch die Europäische Währungsunion (EWU) abgelöst. Gleichzeitig mit der Einführung des Euro wurde der Wechselkursmechanismus II (WKM II) eingeführt. Er stellt eine Währungsbindung der EU-Staaten an den Euro dar. Auch wenn die meisten EU-Staaten den Euro als offizielle Währung führen, gibt es Ausnahmen, die nach Erfüllung aller Konvergenzkriterien trotzdem bei ihrer alten Währung blieben, da sich deren Bevölkerung gegen die Gemeinschaftswährung aber für den Verbleib bzw. Beitritt in die EU entschieden.
Um den Wechselkurs des Euro gegenüber den übrigen Teilnehmerwährungen am WKM II in den vorgesehenen Schwankungsbreiten zu halten, müssen die betroffenen nationalen Zentralbanken oder die EZB, wenn nötig, an den Devisenmärkten intervenieren.

Der Vertrag von Maastricht: die drei Säulen

Das Vertragswerk ist auf drei Säulen aufgebaut:

  1. Säule:
    die Fortführung der bisherigen Europäischen Gemeinschaft, die bereits 1957 gegründet wurde, mit der freiwilligen Vereinigung und Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten. Kernpunkte sind der Agrar- und Binnenmarkt sowie eine Ausdehnung auf weitere politische Felder wie dem Verbraucherschutz und dem Wettbewerbsrecht
  2. Säule:
    der Beginn einer gemeinsamen und einheitlichen Außen- und Sicherheitspolitik
  3. Säule:
    die Einführung des Euros als Gemeinschaftswährung und eine Zusammenarbeit in der Innen- und Justizpolitik durch die Ministerien

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Maastricht-Kriterien

Um die Konvergenzkriterien (Übereinstimmungskriterien) zu erfüllen, müssen Staaten, die Mitglied in der Eurozone werden möchten, sich genau an die Regeln halten, die in dem Vertrag von Maastricht festgelegt wurde. Die Maastricht-Kriterien sind:

Preisstabilität:
Die Inflationsrate eines Staates darf nicht mehr als 1,5  Prozentpunkte über der Rate von denjenigen drei Mitgliedsstaaten liegen, die im Vorjahr die niedrigste Inflationsrate aufweisen konnten und somit die stabilsten sind.

Öffentliche Finanzen:
Die Defizitquote (Neuverschuldung) eines Staatshaushalts darf maximal 3  Prozent und die Schuldenquote maximal 60  Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen.

Wechselkurs:
Alle Staaten müssen zwei Jahre vor dem Beitritt in die Währungsunion die im Rahmen des Wechselkursmechnismus des Europäischen Währungssystem (EWS) festgeschriebenen Spannen einhalten. Des Weiteren darf der Leitkurs während dieser zwei Anwärterjahre nicht durch den Staat abgewertet worden sein.
Zinssatz: Der durchschnittliche langfristige Zinssatz des Staates sollte den Zinssätzen der drei preisstabilsten Länder entsprechen oder zumindest nicht mehr als 2  Prozent übersteigen.

Das Maastricht-Defizit

Das europäische Haushaltsüberwachungsverfahrens schreibt mit der Maastrichtnotifikation den EU-Mitgliedstaaten vor, jedes Jahr im März und September ihre aktuellen Daten zu Staatsdefizit und Schuldenquote zu übermitteln. Empfänger dieser Daten ist die Europäische Kommission, die ihrerseits die Daten zur Auswertung an das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) weitergibt. Eurostat, auch Estat genannt, ist die Verwaltungseinheit der EU und veröffentlicht regelmäßig diese ausgewerteten Daten zusammen mit Quellen- und Methoden aller Mitgliedsstaaten auf ihrer Website.

In Deutschland sind für die Erhebung und Übermittlung dieser Daten das Statistische Bundesamt (Destatis), die Deutsche Bundesbank (BBK) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zuständig. Während das Destatis und die BBK für die zu meldenden Vergangenheitsdaten zuständig sind, steuert die BBK die Halbjahresdaten des laufenden Jahres bei.

Eurostat hat dabei nicht nur die Auswertungsfunktion, sondern auch die der Überwachung. Sollten Daten nicht stimmen, kann Eurostat dieses selbstständig ändern, wenn entsprechende Belege vorliegen. Bei Verdacht auf Betrug kann Eurostat – wie aber auch jeder andere, der diese befürchtet, öffentliche Vorbehalte anmelden, die eine intensive Prüfung nach sich ziehen. Nachzulesen sind die Verordnungen (EG) Nr. 479/2009, Verordnungen (EG) Nr. 679/2010 und (EU) Nr. 220/2014, in denen dies durch den Rat geregelt ist, im Maastrichter Vertrag, den Sie hier auf Deutsch downloaden können.

Zum einen werden die entsprechenden Daten auf der Internetseite des Destatis im Bereich Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) veröffentlicht. ((Verlinkung zu: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VGR/VolkswirtschaftlicheGesamtrechnungen.html)) Zum anderen werden der von der Bundesbank ermittelte Maastricht-Schuldenstand sowie die Überleitungsrechnungen, die die Zusammenhänge zwischen dem Maastricht-Defizit und der Veränderung des Maastricht-Schuldenstands belegen, auf der BBK-Website veröffentlicht.

Vertrag von Amsterdam

Der Vertrag von Amsterdam ist die bis dato (2016) letzte umfassende Änderung des Vertrags von Maastricht und am 1. Mai 1999 in Kraft getreten.
Während im Vertrag von Maastricht der Rat immer das letzte Wort hatte, wurden nun dem Europäischen Parlament erheblich mehr Rechte zur Mitentscheidung eingeräumt. Es wurden viele neue Ziele und Vereinfachungen vereinbart. Dazu gehörte u.  a., ein hohes Beschäftigungsniveau zu erreichen. Während jeder Mitgliedsstaat zwar selbst über seine Arbeitspolitik bestimmen kann, soll sich nun jedoch an einer koordinierten, einheitlichen Beschäftigungsstrategie der EU orientiert werden.

In den Gebieten der Inneren Sicherheit, der Asyl-, Flüchtlings-, Einwanderungspolitik und Vergabe von Visa wie auch der Grenzkontrollen sollen sich die Mitgliedsländer nun abstimmen. Die europaweite große Bedrohung durch international organisierte Kriminalität und Terrorismus soll gemeinsam bekämpft werden. Europol, die europäische Polizeibehörde, bekam wesentlich mehr Rechte und Freiheiten.

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die im Vertrag von Maastricht für Entscheidungen eine einstimmige Abstimmung benötigt, blieb zwar so erhalten, aber die Umsetzung der Entscheidungen wurde auf ein Mehrheitsvotum umgestellt. Nur in Ausnahmen und aus wichtigen Gründen kann ein Mitglied noch einen Mehrheitsbeschluss verhindern.

Problematiken der Konvergenzkriterien

Seit es die Kriterien zur Konvergenz gibt, standen sie stark in der Kritik und gelten als unrealistisch. Tatsächlich gibt es nur zwei Mitgliedsstaaten (Schweden und Estland), die jedes Jahr alle Maastricht-Kriterien in allen Punkten erfüllten. Selbst Deutschland überschreitet seit Jahren die Grenze der Gesamtstaatsverschuldung.

Griechenland gehörte zu jenen Staaten, bei denen offensichtlich wurde, dass selbst die übermittelten Werte, die bereits nicht die Konvergenzkriterien erfüllten, noch geschönt waren. Zudem steht in dem Vertrag von Maastricht, dass die Mitgliedsstaaten bestehende Haushaltsdefizite wie auch die Schuldenstandsquote in Richtung des Grenzwertes abbauen müssen. Dies gelang Griechenland nicht.

Deutschland und Frankreich beantragten daraufhin eine Lockerung der Konvergenzkriterien. Hilfspakete der EU in Höhe von 52,9 Mrd. Euro, ein Schuldenschnitt von 107 Mrd. Euro und umfangreiche und harte Reformen als „Guter Wille“ waren die Folge, um Griechenland in der Eurozone und der EU zu halten. Die Konvergenzkriterien wurden nun aufgelockert und zeitlich begrenzt wird nun Nachsicht geübt, wenn der betroffene Mitgliedsstaat nachweislich Anstrengungen unternimmt, den Staatshaushalt zu sanieren und grundlegende Reformen umsetzt.

Es darf gemutmaßt werden, inwieweit dies Großbritanniens Entscheidung zum Austritt aus Europäischen Union, neben der Flüchtlingskrise und dem Zuzug von Bürgern der östlichen EU-Staaten, maßgeblich beeinflusst hat.

(Quellen: die Bundesregierung, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Bundesbank)
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